... enttäuschte Erwartungen
Als Erblasser haben Sie noch eine letzte Handhabe, Ihre einmal getroffenen Verfügungen rückgängig zu machen: die Anfechtung. Allerdings können nur vertragsmäßige, also bindende Verfügungen angefochten werden. Für eine weiterreichende Anfechtbarkeit besteht allerdings auch kein Bedürfnis, denn einseitige Verfügungen können Sie mangels Bindungswirkung ohnehin widerrufen.
Anfechtungsgründe
Als Anfechtungsgrund reicht bereits aus, dass Sie als Erblasser Fehlvorstellungen über Umstände hatten, die für Sie ein wichtiger Grund für den Erbvertrag waren. Ein späterer unerwarteter Erwerb von Vermögen reicht ebenso wie die nicht erwartete Beilegung eines Streits, der Grund für den Abschluss des Erbvertrages war.
Sie können den Erbvertrag oder einzelne vertragsmäßige Verfügungen deswegen zum Beispiel anfechten, wenn
- Sie vom Begünstigten schwer enttäuscht wurden, weil sich beispielsweise Ihre Erwartung, er werde Sie zu Lebzeiten betreuen, als irrig erweist.
- er seine vereinbarten Pflichten grob verletzt und zum Beispiel den Unterhalt nicht wie vorgesehen bezahlt.
- er Sie durch eine widerrechtliche Drohung oder durch körperliche Gewalt zum Abschluss des Erbvertrages bewegt hat, beispielsweise durch eine Drohung, Sie hilflos sterben zu lassen, falls Sie keinen Erbvertrag zu seinen Gunsten abschließen.
Veränderte Familienverhältnisse
Sie können den Erbvertrag bzw. einzelne vertragsmäßige Verfügungen im Erbvertrag auch dann anfechten, wenn Sie Pflichtteilsberechtigte (beispielsweise Kinder oder einen Ehegatten) in Unkenntnis ihrer Pflichtteilsansprüche übergangen haben
- die Sie bei Abschluss des Erbvertrags nicht kannten
- oder die später hinzugekommen sind.
Beispiel:
Wenn Sie erst nach Abschluss des Erbvertrags von einem nichtehelichen Kind erfahren oder eine neue Ehe eingegangen sind, berechtigen diese Umstände zur Anfechtung des Erbvertrags, da im ersten Fall der Nachkomme, im zweiten Fall die neue Ehefrau pflichtteilsberechtigt sind. Der Nachweis
Den Anfechtungsgrund muss stets derjenige beweisen, der sich auf die Anfechtung beruft. Hier liegen in der Praxis die Stolpersteine, da wohl jedermann die tatsächlichen Voraussetzungen der gezeigten Beispiele ohne weiteres wird behaupten, aber nur schwerlich wird belegen können.
Die Folgen
Unter Umständen haften Sie dem Vertragspartner bei erfolgreicher Anfechtung auf Ersatz des sogenannten "Vertrauensschadens". Dem Vertragsgegner ist dann derjenige Schaden zu ersetzen, den er erlitten hat, weil er auf die Gültigkeit des Erbvertrags bzw. den Bestand der vertragsmäßigen Verfügungen vertraut hat. Im Falle widerrechtlicher Drohung scheidet eine Schadensersatzpflicht aber von vornherein aus. Beispiel:
Sie haben Ihrem Vertragserben im Erbvertrag ein Rennboot verbindlich zugesagt. Hat dieser im Vertrauen auf den Bestand der Verfügung bereits einen Hafenplatz gemietet und teure Bootsausrüstung gekauft, müssen Sie ihm diese Ausgaben unter Umständen ersetzen.