Rechtsfrage des Tages:
In der Zeitung lese ich immer mal wieder, dass gegen einen Straftäter eine Freiheitsstrafe auf Bewährung verhängt wurde. Was genau bedeutet eigentlich "Bewährung"? Ist der Täter denn trotzdem richtig verurteilt worden?
Antwort:
Körperverletzung, Diebstahl, Betrug, Untreue - die Bandbreite der möglichen Straftaten ist groß. So unterschiedlich die Delikte, so verschieden sind auch die jeweiligen Straftäter. Bei schweren Vergehen oder Verbrechen droht dem Täter eine Freiheitsstrafe. Diese kann unter bestimmten Voraussetzungen zur Bewährung ausgesetzt werden.
Der Gedanke dahinter ist, dass der Täter sich in einem festgelegten Zeitraum beweisen soll. Er erhält die Chance, durch untadeliges Verhalten den Vollzug der Freiheitsstrafe abzuwenden. Aber nicht jede Strafe kann zur Bewährung ausgesetzt werden. Möglich ist dies nur bei Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren. Außerdem muss dem Täter eine günstige Sozialprognose gestellt werden können. Er muss also Anlass zu der Annahme geben, dass er sich schon die Verurteilung als Verwarnung gereichen lässt und daher künftig keine Straftaten mehr begehen wird.
Bei einer Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten und einer günstigen Prognose muss das Gericht sogar die Bewährung aussprechen. Ein Straferlass ist die Bewährung aber nicht gleich. Erst nach einem festgelegten Zeitraum von zwei bis fünf Jahren kann der Vollzug der Freiheitsstrafe erlassen werden.
Dem Verurteilten kann für die Bewährungszeit ein Bewährungshelfer bestellt werden. In der Regel erteilt das Gericht auch Auflagen und Weisungen. Beispielsweise muss ein Verurteilter meist während der Bewährung jeden Wohnsitzwechsel melden. Andere Auflagen sind beispielsweise die Schadenswiedergutmachung, Arbeitssunden in gemeinnützigen Einrichtungen oder Geldzahlungen. Mit dem Einverständnis des Straftäters kann auch die Teilnahme an einer Drogen- oder Alkoholtherapie angeordnet werden.
Nicht jeder kleine Verstoß gegen diese Pflichten führt automatisch zum Widerruf der Bewährung. Das Gericht kann auch zunächst die Bewährungszeit verlängern oder strengere Auflagen und Weisungen erteilen. Verstößt der Täter aber grob und beharrlich gegen diese Anordnungen, kann die Bewährung widerrufen werden. Und begeht er neue Straftaten ist natürlich ebenfalls Schluss mit der Bewährung. Die Haftstrafe muss dann in voller Länge verbüßt werden.
Ob eine Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann, kommt also entscheidend auf den Täter und seine Sozialisierung an. Sie ist sozusagen als zweite Chance zu werten. Wurde allerdings schon einmal eine Bewährung widerrufen, braucht der Täter bei erneuter Straffälligkeit kaum wieder auf diese Möglichkeit zu hoffen. Und trotz Bewährung wird die Verurteilung im Bundeszentralregister eingetragen. Bei einer Freiheitsstrafe ab drei Monaten gilt der Verurteilte dann trotz Bewährung als vorbestraft.